Das Interview wurde von Andreas Reisenbauer, Fa. Syscomm gestaltet.
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Die Firma Syscomm beschäftigt sich mit Training, Kommunikation und Coaching im Bereich technischer Vertrieb und möchte die Diskrepanz in Sachen Kommunikation zwischen Technikern und Verkäufern verringern helfen.
DAS INTERVIEW:
In vielen Unternehmen begegnet uns das ewige Lagerdenken zwischen Technik und Verkauf bzw. Vertrieb. Wie gelingt es aus Ihrer Sicht, diesen Gegensatz zu überbrücken, schließlich sollte der Kunde im Mittelpunkt des Interesses stehen?
Reinhard Paul: Zuallererst: der Kunde zahlt unser aller Gehalt! Daher sollte es das Anliegen des gesamten Unternehmens sein, sich um die Bedürfnisse der Kunden zu kümmern und bestmögliche Ergebnisse abzuliefern.
Die Diskrepanz zwischen Vertrieb und Technik entsteht oft daraus, dass Vertrieb vermeintlich schwer zu erbringende/produzierende/zu leistende Services/Produkte etc. verkauft. Die Technik möchte den höchstmöglichen Standardisierungsgrad erreichen, für den Verkäufer ist jeder Kunde anders und soll individuell bedient werden. Daraus entstehen Spannungen und Interessenskonflikte, die man im Sinne des Unternehmens lösen muss.
Dabei müssen sich beide Unternehmensfunktionen im Klaren sein, was der Kunde tatsächlich braucht/wünscht und wie dies mit dem erzielten Ertrag zu bewerkstelligen ist.
Unterschiedlicher könnte die Kommunikation zwischen zwei Gruppen nicht sein, als bei Technikern und Verkäufern. Wie kann man diese beiden unterschiedlichen Kommunikationsansätze aus Ihrer Erfahrung unter einen Hut bringen?
Reinhard Paul: Durch gemischte Verkaufsteams, sofern das Produkt/der Service einen solchen Aufwand rechtfertigt. Wir bei PIDAS forcieren das gemeinsame Auftreten von Sales Managern und Service Managern, um von Anfang an zu gewährleisten, dass der Kunde auch das geliefert bekommt, was seinem Bedarf entspricht. Missverständnisse im Delivery werden somit (fast) ausgeschlossen, kritische Punkte können von Anfang an durch den technischen Mitarbeiter angesprochen werden. Dies erhöht auch die kompetente Abwicklung des Sales-Prozesses als Ganzen.
Viele Unternehmen ziehen eine Zwischenebene ein, sozusagen einen „Wunderwuzzi“, der beide Seiten verstehen kann und Dolmetscher, Mediator und Kommunikator gleichzeitig ist. Was halten Sie davon?
Reinhard Paul: Ich habe noch keinen „Wunderwuzzi“ gefunden!
Entweder sind Mitarbeiter verkaufsorientiert oder technisch orientiert. Eine „Mischung“ entpuppt sich oft als genialer Berater, der sich und Zusatzprojekte super verkauft, aber den Initialaufwand im Vertrieb kapazitätsmäßig und oft auch psychologisch nicht schafft (Kaltakquise, Bedarfserhebung, Vertriebsprojekte nachverfolgen, potenzielle Kunden betreuen).
Der Trend geht immer mehr dazu, dass Kundenorientierung nicht nur beim Vertrieb, Verkauf oder bei größeren Betrieben im Account-Management gelebt wird, sondern auch an der Basis. Sprich, um das Potenzial etwa von Servicetechnikern zu nutzen, die einen sehr engen Kundenkontakt haben und von diesen auch als Problemlöser geschätzt werden. Inwieweit sehen Sie diesbezüglich bereits ein Umdenken in den Köpfen der Techniker?
Reinhard Paul: Da habe ich leicht reden. PIDAS ist ein Serviceunternehmen, das sich hauptsächlich mit IT-Helpdesks und IT-Anwendersupport beschäftigt. Fast jeder Mitarbeiter bei uns betreut direkt oder indirekt (über verschiedene Kontaktkanäle wie Telefon, Mail, Web oder vor Ort) Kunden von uns. Kundenorientierung ist daher bei uns schon bei der Mitarbeiterauswahl ein wichtiges Kriterium.
Persönlichkeitsbildende Maßnahmen in diese Richtung stehen bei uns immer ganz oben auf der Agenda.
Es gibt schon sehr viele gute Beispiele, wo Unternehmen gerade aus der Technikerecke und im Servicebereich eine Menge Zusatzumsatz generieren und Verkaufstalente haben.
Jemand, der Ihnen gerade eine Maschine wieder zum Laufen gebracht hat, bringen Sie sicherlich so viel Vertrauen entgegen, gemäß seines Rates ein Zusatzprodukt zu kaufen. Sie werden diesen Servicetechniker und somit seine Firma sogar weiterempfehlen, weil er Sie mit seiner Leistung begeistert hat, dass Sie zusätzlich etwas gekauft haben, was Ihnen womöglich in Zukunft Unannehmlichkeiten erspart, empfinden Sie sogar als Vorteil und nicht als irgendetwas Aufgeschwatztes.
Wohin muss sich aus Ihrer Sicht die Technik in punkto Kundenorientierung in den nächsten Jahren entwickeln bzw. welches Aufholpotenzial hat in Bezug auf Technikorientierung der Vertrieb?
Reinhard Paul: Woran es oftmals fehlt ist eine enge Kooperation von Marketing – Vertrieb – Serviceabteilung – Produktentwicklung. Dazu muss es aber in einer Service-Organisation einen Single Point of Contact geben, der alle Anliegen, Verbesserungsvorschläge, Reklamationen und Informationen der Kunden sammelt, an die zuständigen Abteilungen/Mitarbeiter weiterleitet und analysiert.
Nur so können Sie feststellen, woran es hakt und welche Bedürfnisse Kunden in Bezug auf Ihre Produkte und Leistungen noch haben.
Ohne diese Koordinationsstelle wird es schwierig, einen durchgängigen Kundenserviceprozess zu erstellen. Es weiß dann die linke Hand nicht, was die rechte tut.
Der Klassiker: Marketing schickt eine Rabattaktion hinaus, von der die Servicetechniker nichts wissen, die Vertriebsmitarbeiter zu den eben von Servicetechnikern besuchten Kunden laufen und die Produktentwicklung gar nicht erfährt, dass dieses Produkt so gut ankommt.
Kundenorientierung heißt für mich, dass der Kunde mit Ihrem Unternehmen einfach, rasch und kompetent kommunizieren kann. Dies sollte auf jeder Ebene möglich sein.
Reinhard Paul - 5. Jun, 09:26